Thüringer Allgemeine (Kreis Erfurt) vom 5.3.2022
Bei einer Aktion im Flutgraben sammeln Erfurter sieben,Kubikmeter Unrat und mehr
Von Michael Keller
Erfurt. Feste Schuhe, Stiefel, Handschuhe, Wetterjacken, Greifzangen, Müllsäcke. Wer Müll sammelt, braucht die richtige Kleidung und darf nicht zart besaitet sein. Denn wenn man sich daran nicht, das aufzusammeln, was ignorante Zeitgenossen achtlos an jeder x-beliebigen Stelle so wegwerfen; muss man hart im Nehmen sein. Am Freitag traf sich ein großer Pulk von Anrainern und Naturfreunden an der Brücke Karlstraße, um dort den Flutgraben wenigstens ein Stückchen vorübergehend von den unliebsamen Hinterlassenschaften einiger
Mitbürger zu befreien.
Etwa 50 Unentwegte sind im Einsatz
Gut 50 Unentwegte werden es gewesen sein, die am frühen Nachmittag fest entschlossen waren, dem Dreck zu Leibe zu rücken. Man könne das gar nicht verstehen, so Oberbürgermeister Andreas Bausewein, der aus Zeitgründen nur moralisch motivierende Hilfe. leisten konnte. Erfurt habe eines der besten Entsorgungssysteme. Trotzdem gebe es Leute, die ihren Müll ins Auto packen und irgendwo hin entladen. Man wolle mit dieser Aktion ein Zeichen setzen, so Bausewein. Naturschutzbeirat und Umweltamt hatten aufgerufen. Privatpersonen und Einrichtungen folgten.
Die Jugendberufsförderung (JBF) aus dem Storchmühlenweg war mit einem ganzen Pulk Azubis vor Ort, ebenso Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule am Nettelbeckufer. Was sie beim ,,Erstangriff" vormittags gesammelt hatten, lagerte in einem großen Abfallcontainer. Bis zum Feierabend kam einiges zusammen – sieben Kubikmeter oder 150 große Säcke voll Kleinmüll. Dazu Teppiche, Autoteile, Schrott, Fahrräder, Wohnungseinrichtungen. ,;was die Leute halt so los werden wollen", so Erfurts Umweltdezernent Andreas Horn.
Die Sammelleidenschaft der Helfer zeitigte Freitag noch andere erstaunliche Ergebnisse. Lars Rhinow und Ramon Luis Olivares Perez, beide JBF-Azubis, fanden zum Beispiel nagelneue Rohrverbinder – wahrscheinlich Reste von der Baustelle an der Karlsbrücke – und einen vergammelten, aufblasbaren Swimmingpool. Isabell Heym, Sozialpädagogin im JBF, zog einen rotweißen Absperrpoller aus dem Wasser. Um 14 Uhr erfolgte der Startschuss zur zweiten Etappe, die bis zum Nordbad beidseits des Flutgrabens führen sollte. Auf der anderen Brückenseite arbeitete sich ein Trupp gen Talstraße vorwärts.
Man habe diese Jahreszeit für die Aktion, die alljährlich wiederholt werden soll; in diese unwirtlichen Tage verlegt, weil derzeit kein Laub an den Bäumen und am Boden die Sicht auf den Unrat versperre, so Jens Düring.
Auch störe man momentan keine nistende Vögel beim Brutgeschäft. Aufräumen also, bevor es wieder losgeht mit jenen Zeitgenossen, denen alles herzlich egal ist, wenn sie in lauen Sommernächten im Nordpark oder in der Geraaue feiern und dann sinnloserweise ihre Hinterlassenschaften dem Flutgraben überlassen.
Aber man ist gerüstet und will den Umweltferkeln das Feld nicht kampflos überlassen. ,,Bereits am 12. März, dem Samstag nächster Woche, geht es am Vormittag weiter. Pfadfinder und Naturschutzbund gehen sammeln“, so Düring. Startpunkt ist dann der Hauptbahnhof. Müll findet sich – leider – überall.